Vertical Farming bei der AVF in München

Vertical Farming und das Problem mit Grundnahrungsmittel

Wer mich kennt, der weiß, dass ich im Bereich der vertikalen Landwirtschaft tätig bin. Zwar bin ich nicht täglich im Labor oder in der Indoor Anbau Anlage, doch habe ich live erfahren, wie es dort aussieht, was die Probleme sind und welche Lösungen es für Herausforderungen gibt.

Eines, und das ist der Punkt, der am meisten der Wahrheit über die negativen Aspekte von Vertical Farming ist: der Anbau von Grundnahrungsmitteln. Hauptsächlich Getreide.

Vertical Farming und das Hungerproblem

Zwar mag es ganz hip sein, wenn in einem Berliner oder Leipziger Restaurant der Salat von einer Indoor Farm aus dem Stadtteil kommt, doch wird man davon satt? Kann man damit die Hungerprobleme lösen?

Nein, kann man nicht.

Dickson Despommier, Vater des modernen Vertical Farming, wie wir es heute kennen (nicht der Ur-Vater des vertikalen Anbaus), hatte Anfang 1999 das Konzept von Vertical Farming erfunden. So oder so ähnlich mag ich mich erinnern gelesen zu haben, war die Problemstellung für seine Studenten: Auf kleiner Fläche in New York, Millionen Menschen mit Nahrung zu versorgen.

Damals ging es nicht darum, Salat für hippe Restaurants, um die Ecke für Unsummen zu verkaufen, sondern zu vernünftigen Preisen lokal die Bevölkerung ernähren zu können.

Alternative Proteine?

Ich unterstütze zwar aktiv durch meine Arbeit in dieser Industrie die Entwicklung und die Kommunikation, aber wirklich das Problem zu lösen, dass man Grundnahrungsmitteln anbauen kann, gibt es kaum. Zumindest in der Branche selbst, in Nebensektoren wie alternative Proteine etc. wird ja quasi an einer anderen Lösung gearbeitet.

Es ist nun mal leider bequemer, und letztlich auch profitabler, Salate und Microgreens anzubauen, um diese teuer zu verkaufen, aber den Hunger löst man damit nicht. Und das ist nicht mal die Schuld der Unternehmer, oder der Industrie an sich, sondern liegt in der Natur des Systems selbst. Salate haben nun mal nicht viele Kalorien, Salate sind gut zum Abnehmen, aber nicht dafür gedacht Menschen zu versorgen und satt zu machen.

 

Ein Hauptproblem beim Vertical Farming ist hierbei nicht die Technologie, selbst mit heutiger Technologie ist der Anbau möglich, doch bräuchte man genetisch veränderte Pflanzen, die nicht so hoch wachsen, damit möglichst viel angebaut werden kann, des Weiteren ist jede Stunde, die die Pflanzen beleuchtet und mit einer Nährstofflösung versorgt werden, ein Kostentreiber.

Salate brauchen 30 Tage, um geerntet zu werden. Meine letzten Informationen waren, dass man es als top Performance in der vertikalen Farm in 20 Tagen geschafft hat. Und das ist gut, denn je schneller geerntet werden kann, desto mehr kann man anbauen und mehr Erntezyklen im Jahr etablieren, wodurch wieder die Wirtschaftlichkeit steigt. Logisch, oder?

Um Menschen zu ernähren, braucht man Pflanzen mit hohem Kalorienanteil. Salate fallen nicht darunter.

Anbauzeit von Getreide

Winterweizen benötigt zur Entwicklung (von der Aussaat bis zur Ernte) 280 bis 350 Tage, Sommerweizen 120 bis 145 Tage. (Quelle)

Man braucht also mindestens 4 Monate von der Aussaat bis zur Ernte für Weizen. Bei Linsen liegt man auch bei 4 Monaten, Erbsen brauchen 3,5 Monate, Bohnen 2-3 Monate, Kartoffeln 4 Monate.

Es ist einfach unwirtschaftlich, Getreide oder andere Gemüsesorten mit vielen Kalorien in einer vertikalen Farm anzubauen, welche eine lange Anbauzeit haben und in dieser Zeit auf viel Licht angewiesen sind. Und Licht verursacht einen großen Stromverbrauch in einer vertikalen Farm. Natürlich kann man jetzt irgendwie argumentieren. Aber das Problem bleibt Zeit, Strom, Kosten, das sind die Hauptgründe, warum es meiner Meinung basierend auf der Expertise, die ich habe, einfach nicht geht.

Bei den Grundnahrungsmitteln, hat die Sojabohne die meisten Nährstoffe und Mineralien, gepaart mit vielen Kalorien, macht die Sojabohne satt. Das Problem ist aber auch hier, die Pflanze braucht Platz. Und im konventionellen Feldanbau benötigt diese 6 Monate von der Aussat bis zur Ernte. 

Aeroponische Kartoffeln

Faszinierend hingegen finde ich den Anbau von Kartoffeln in aeroponischen Anlagen (Video), diese haben relativ viele Kalorien, viele Kohlenhydrate, machen satt. Diese benötigen von der Aussaat bis zur Ernte ungefähr 3 Monate. Da sieht es schon anders aus und da finde ich die Ratio Input:Output besser. Nachteilig ist, wie im Video bisher zu sehen, aufgrund der Wurzellänge und dem Problem, dass die Kartoffeln nun mal an den Wurzeln wachsen, braucht man mehr Platz, für die konventionelle Vertikale Farm, ist dies eher nicht umsetzbar.

Der Vorteil wäre gerade für Regionen die wenig Wasser haben ideal, die Kartoffeln wachsen, es gibt nur minimale Wasserverluste und man kann damit die Menschen ernähren, denn bei der Aeroponik hängen die Wurzeln in der Luft und werden periodisch mit einem Nebel aus Wasser und Nährstoffen besprüht, somit faulen die Wurzeln nicht und man benötigt weniger Wasser.

Automatisierung der Ernte?

Ein Problem was aber auch die aeroponischen Kartoffeln haben, die Ernte. Es ist schlicht und einfach nicht einfach automatisierbar. Bei Microgreens und Salaten ist es einfacher, diese wachsen nicht groß über sich hinaus und können je nach Pflanze mehr oder wenig automatisiert geerntet werden. Denn ein Kostentreiber, den man nicht vergessen darf, ist die menschliche Arbeitsleistung und diese ist nun mal in entwickelten Ländern mit entsprechender Kaufkraft auch teurer, folglich will man hier auch soweit machbar, entsprechend Kosten einsparen, welche wiederum beim Verbraucher beim Produktpreis sich widerspiegeln. Jedoch ist eine automatisierte Ernte bei großen Pflanzen im Indoor Bereich kaum praktikabel.

Vielleicht irre ich mich auch und in den nächsten Jahren werden solche Fortschritte erzielt, die mich eines Besseren belehren.

Vertical Farming hat seine Vorteile, aber auch seine Nachteile, genauso wie die konventionelle Landwirtschaft auf dem Feld. Es macht daher nicht in allen Situationen Sinn, aber es hat seine Stärken. 

 

Weiterführende Informationen:

Infarm’s indoor wheat suggests we re-examine the realities of vertically-farmed commodities

Wheat crisis opens door for huge indoor farming potential – article by Light Science Technologies

 

 

 

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Geschrieben von Petr Kirpeit

Alle Beiträge entsprechen meiner persönlichen Meinung und sind in Deutsch verfasst. Um englischsprachigen Lesern den Zugang zum Artikel zu bieten, werden diese automatisch über DeepL übersetzt. Fakten und Quellen werden nach Möglichkeit hinzugefügt. Sofern es keine eindeutigen Beweise gibt, gilt der jeweilige Beitrag als meine persönliche Meinung zum Stand der Veröffentlichung. Diese Meinung kann sich im Laufe der Zeit verändern. Freunde, Partner, Unternehmen und weitere müssen diese Position nicht teilen.

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